Review13. März 2025 Maxime Maynard 19vc
Filmkritik: «Les Courageux»: Der Kampf einer Familie 582e5n

Nach einer gefeierten Premiere beim Toronto Festival stellt die schweizerisch-amerikanische Filmemacherin Jasmin Gordon ihr Spielfilmdebüt «Les Courageux» in Zürich vor. Der Film geht ins Rennen um das Goldene Auge für den besten fiktionalen Film.
Jule (Ophélia Kolb) kämpft. Trotz finanzieller Sorgen zieht sie ihre drei Kinder alleine in einer kleinen Stadt mitten in der idyllischen, aber gnadenlosen Schweizer Natur gross. Das Leben hat ihr schon viele Steine in den Weg gelegt, für ihre Kinder ist sie allerdings bereit, alles zu tun. Doch ihre Vergangenheit birgt Geheimnisse und ihre oft fragwürdigen Entscheidungen drohen, das fragile Gleichgewicht, das sie mühsam hält, zum Einsturz zu bringen.
Für «Les Courageux» hat Jasmin Gordon das Drehbuch von Julien Bouissoux verfilmt, einem langjährigen Co-Autor von Lionnel Baier. Bouissoux, der bereits an der Adaption von «L'amour du monde» von Charles Ferdinand Ramuz mitgewirkt hat, schrieb das Drehbuch diesmal alleine. Seine Geschichte zeichnet ein ehrliches, wenn auch manchmal verworrenes Bild der Armut in der Schweiz – ein Thema, das im Kino selten so direkt behandelt wird.
Die Handlung entfaltet sich leise, fast zurückhaltend. Während die Fragen immer mehr werden, bleiben Antworten rar. Wer Jule wirklich ist und warum sie in ständiger Unruhe lebt, bleibt ein Rätsel. Das kann frustrierend sein – oder genau das, was den Film so eindringlich macht. Denn statt einer einfachen Erklärungen bietet er Raum für die eigene Interpretation. Das Publikum kann Jules Entscheidungen nicht beeinflussen, nur mitansehen, wie sie Stück für Stück den Halt verliert.
Ophélia Kolb trägt den Film mit einer beeindruckenden Präsenz. Sie verleiht Jule eine rohe, greifbare Mischung aus Stärke und Zerbrechlichkeit. Trotz aller Fehler spürt man in jeder ihrer Handlungen die tiefe, kompromisslose Liebe zu ihren Kindern. An ihrer Seite bringen die jungen Darstellerinnen und Darsteller Jasmine Kalisz Saurer, Paul Besnier und Arthur Devaux eine lebendige, natürliche Energie auf die Leinwand.
Auch die Natur spielt eine wichtige Rolle. Die Kamera von Andi Widmer fängt die Landschaft in atemberaubenden Bildern ein. Für Jule ist die Natur Zuflucht und Bedrohung zugleich, die Berge ein stummer Zeuge ihres Kampfes. Die visuelle Kraft des Films verleiht der Geschichte eine eindringliche Tiefe und zeigt eine Schweiz, wie man sie selten sieht – roh, ungeschönt und fernab der Klischees. Mit «Les Courageux» gelingt Jasmin Gordon ein beeindruckendes Debüt. Ein Film, der nicht alles erklärt, aber viel erzählt – und der zeigt, dass Gordon eine Filmemacherin ist, deren Weg man unbedingt weiterverfolgen sollte.
«Les Courageux» ist ab dem 13. März 2025 im Kino zu sehen.
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